Mittwoch, 30. Dezember 2015

Was noch war


So denn, das wär's beinahe schon wieder mit 2015. Und, war noch was? Weihnachten war. Das bedeutet für mich, wie für viele andere, sich mit der lieben Verwandtschaft auseinandersetzen zu müssen bzw. mit zusammensitzen müssen. Bei dieser Gelegenheit wurde mir wieder einmal klar, dass ich es mit meiner bzw. mit dem Teil, mit dem ich Teile des ersten Weihnachtstages verbracht habe, vergleichsweise wirklich gut getroffen habe und mich nicht beklagen darf. Andere haben diesbezüglich weit tiefer ins Klo gegriffen und hatten an den Feiertagen daher echte Prüfungen durchzustehen. Ich bewundere deren Gelassenheit.

Donnerstag, 24. Dezember 2015

Zum Fest: Ein Gruß von Lars Krismes


Fast ist Weihnachten und auch in diesem Jahr wird niemand, absolut niemand diesem Song entkommen. Dafür werde notfalls ich sorgen, muhahahaha! Wer bislang noch nicht gewhamt wurde, wird es hier und jetzt, keine Gnade. Weil ich aber meine, auch einen Bildungsauftrag zu haben, ein Stück weit, übergebe ich das Wort an Marti Fischer, der uns allen einmal erklärt, wie das Weihnachtslied des Bösen eigentlich genau funktioniert:

Mittwoch, 23. Dezember 2015

Grenzerfahrungen in der Konsumgesellschaft - Weihnachtssondernummer


Fall 1: Der von Oma geerbte E-Herd gibt nach sehr langer Nutzungsdauer seinen Geist auf. Reparatur lohnt nicht, erst recht nicht bei der Energieaufnahme des Teils. Es hilft nichts, ein neuer muss her, und zwar fix, denn die Antiquität ist komplett hinüber und tut keinen Mucks mehr. Mal das Deutsche Museum fragen, vielleicht hätten die noch Verwendung. Ein Neugerät sitzt finanziell drin und ich beschließe, Hobbykoch, der ich bin, mir ein ordentliches Arbeitsgerät zu gönnen. Zunächst suche ich einen lokalen Händler weißer Ware auf, einen Einzelunternehmer. Im Ladenlokal sitzt eine junge Auszubildende. Die kann mir weder zu Geräten noch zu Preisen irgendeine Auskunft geben, immer mit der Begründung, der Chef sei nicht da. Aha. Auf die Frage, wann der denn wieder da sei, bekomme ich zur Antwort, heute nicht. Aha. Ein Laden, der ohne den Chef offenbar komplett handlungsunfähig ist. Interessantes Geschäftsmodell!

Montag, 21. Dezember 2015

König Porno


Spulen wir eimal kurz um zirka 25 Jahre zurück. Es war die Zeit, in dem Rosa von Praunheim den Schwiegermutterliebling Hape Kerkeling als homophil outete und dafür Tags darauf vom Springerblatt den schwiegermütterlichen Anschiss "Pfui, Rosa!" kassierte. Es war eine Zeit, in der es vorkommen konnte, dass man sich dumme Sprüche anhören musste, wenn man erzählte, sich am Wochenende die weiß Gott harmlose, ja höchst spießige Sönke-Wortmann-Verfilmung von 'Der bewegte Mann' angesehen zu haben. Seitdem ist einiges passiert. Schwule Spitzenpolitiker, Entertainer, Schauspieler und andere öffentliche Personen locken heute kaum jemanden jenseits extremistischer und fundamentalistischer Milieus mehr hinter dem Ofen hervor, und das ist auch gut so. Man muss nur durch alte Zeitschriften stöbern, sich das verklemmte Geschwiemel zu Gemüte führen, das oft anhub, sobald es um Gleichgeschlechtliches ging, um zu ermessen, was sich seitdem getan hat

Freitag, 18. Dezember 2015

#zunahamwasser


Ahhh, ich hatte das fast verdrängt. Diesen Werbespot, in dem Grandpa Dalton Jahr für Jahr mutterseelenallein in der kalten Butze hockt, in vergeblicher Erwartung, dass die Familie gefälligst mal aufschlägt zum Fest. Wie gesagt: fast. Aber dann kam Kollege Epikur des Weges und musste mich ja unbedingt daran erinnern. Musser jetzt durch. Hatter jetzt davon. Fangen wir vielleicht mit etwas Höflichem an: Weil bald Weihnachten ist, kann man der Einkaufsgenossenschaft deutscher Kolonialwarenhändler durchaus einmal Respekt zollen für die Verdienste um die finanzielle Versorgung alternder Darsteller, die sonst nicht mal mehr in einer Daily Soap einen Schirmständer spielen dürften. Warum man sich aber bei der Schmierenkomödie die Augen aus dem Kopf flennen muss, wie dies Abermillionen rührseliger Klick-Zombies angeblich getan haben - schon das entzieht sich komplett meinem Verständnis.

Dienstag, 15. Dezember 2015

In eigener Sache: Nicht lustig


Normalerweise lösche ich keine von mir geschriebenen Beiträge nachträglich. Was ich geschrieben habe, ist in der Welt und dazu stehe ich, so viel Rückgrat muss sein. Anders liegt der Fall, wenn Dritte in unguter Weise involviert sind. In meinem letzten Beitrag 'Ronny des Monats – Dezember 2015' habe ich einen Ehrenronny vergeben an drei jüngere Leute (ob sie eine Familie sind, ist nicht bekannt) aus dem Mecklenburgischen Boizenburg, die sich in einem viral gegangenen, knapp dreißig Sekunden langen Video in übler bis lachhafter Weise über Flüchtlinge äußern. So scheint die eine Gerüchte über eine angebliche Vergewaltigung durch Flüchtlinge weiterzugeben. Eine andere, offenbar Minderjährige  behauptet gar, ein fünfjähriges Mädchen sei bei lebendigem Leibe gegessen worden.

Sonntag, 13. Dezember 2015

Ronny des Monats - Dezember 2015


Ein wenig unheimlich ist mir das schon. Ich meine, da hebe ich letzten Monat diesen neuen Preis für die beste rassistische Einzelleistung aus der Taufe und schon legen sich die Ronnys der Nation so richtig ins Zeug. Die Flut an Widerlichkeiten, die es seit der letzten Verleihung zu verzeichnen gab, spricht da eine deutliche Sprache. Es war so viel los, dass mir die Wahl wirklich schwer fiel und ich Kandidaten, die ich schon sicher auf dem Treppchen glaubte, wieder aus der Wertung nehmen musste. Etwa jenen Bock in Gärtnergestalt, der ausgerechnet am Berliner LaGeSo Securitydienst schob. Oder die besorgten Nachbarn der Erfurter Zahnärztin Kathleen Trobisch, die ihr freundlicherweise dieses Schreiben (fb!) unterjubelten. Und die - hihi! - Ergüsse des renommierten Fickologen Björn H. sind mir natürlich auch wieder durchgegangen. Mist!

Wie gesagt, die Wahl fiel schwer. Hier die Top Five:

Freitag, 11. Dezember 2015

Glück durch Arbeit


Viel um die Ohren gehabt, die Woche – but there are still monsters to be slain. Zum Beispiel diese kreuzdämliche Leier vom Glück durch Erwerbsarbeit. Die von zig Karriereberatern bzw. -coaches gepredigte Schnurre, es sei mit ein bisschen gutem Willen und ein wenig (kostenpflichtigem) Coaching jedem möglich, eine erfüllende, den eigenen Neigungen und Stärken entsprechende Arbeit zu finden. Die Ratgeberliteratur ist voll von inspirierenden Geschichten über glückliche Hackfressen, die ihrem Herzen gefolgt sind und nun als kernzufriedene Spaßbacken ihr Restdasein verbringen. Und der Restwelt damit nicht selten gehörig auf die Eier gehen. Das Problem ist ja nicht, dass es solche Menschen gibt, sondern dass uns suggeriert wird, jeder, bei dem das nicht so sei, mache gewaltig etwas falsch.

Montag, 7. Dezember 2015

Zum einrahmen


Beim Stichwort 'FAZ.NET' fällt mir ja so einiges ein. Klar, konservativ als erstes, dann noch wirtschafts- bzw. neoliberal, Stimme der Arbeitgeberschaft und der Kapitaleigner. Ferner kommen einem in den Sinn: Jasper von Altenbockum, Don Alphonso und noch einiges mehr, aber you get the picture. Eines hingegen würde mir als Attribut für die alte Frankfurter Frakturtante als allerletztes einfallen. Wenn überhaupt. Und das wäre linksfaschistisch.

Samstag, 5. Dezember 2015

Orientalischer Adventskalender


Hier am Ort gibt es eine Kirche, in der eine Gruppe Ehrenamtlicher alle Jahre wieder eine riesige Krippe aufbaut. Obwohl agnostisch unterwegs, rührt mich solches Engagement, das keinen anderen Nutzen hat, als Menschen Freude zu machen, schon ein wenig an, das muss ich zugeben. Sie bemühen sich, der liebevoll gestalteten Landschaft einen orientalischen Touch zu verleihen. Weil Bethlehem ja irgendwie im Orient liegt. Auch kümmern sie sich darum, den drei Königen ein dezidiert orientalisches Aussehen zu verpassen, handelte es sich doch, der einschlägigen Überlieferung zufolge, um Weise aus dem Morgenland. Wo heute die Moslems sitzen. Kein Problem also, alles roger. Sollte man jedenfalls meinen.

Donnerstag, 3. Dezember 2015

Bavaria Blue


Mit der Polizei ist es ja ein wenig wie mit Hausmeistern. Leicht ist man genervt von ihnen, doch kann man in Situationen geraten, in denen man durchaus froh und dankbar ist, dass es sie gibt. Obwohl ich sie nicht ablehne oder gar hasse, bin ich normalerweise froh, mit der Truppe nicht allzuviel zu tun zu haben. Die machen ihres, ich mach meines. Daher sind mir auch Polizeiuniformen ziemlich egal. Bis vor zirka zehn Jahren war das diesem Staat auch ziemlich egal. Uniformierte Polizeibeamte liefen in einem Sammelsurium in grün, beige, schwarz, weiß und irgendwie erdfarben herum. Wäre die 'POLIZEI'-Aufschrift nicht gewesen, sie wären nicht nur von Menschen aus anderen Ländern mit der Forstaufsicht verwechselt worden.

Sonntag, 29. November 2015

Grenzerfahrungen in der Konsumgesellschaft (9)


So, erster Advent, der Geburtstag des Religionsstifters naht wieder einmal. Paar Geschenke kaufen gehen. Muss ja. So schön es ist, Menschen eine Freude zu machen, so unschön oft die Begleitumstände auf dem Weg dorthin. Denn obwohl ich natürlich alles online bestellen könnte, gehe ich in die Stadt. Rock the Kasbah, Baby, keine Schmerzen! Ich glaubte, einigermaßen abgebrüht zu sein. Schwer zu schocken. Ich dachte: Der Gedanke, dass für Bücher von Dieter Bohlen, Thilo Sarrazin, Akif Pirinçci und anderen Bäume gefällt werden, zieht dich längst nicht mehr runter. Schlimme Erlebnisse haben dich abgehärtet. So hast du verkaufsoffene Sonntage im Oberhausener Centro und in der Essener Innenstadt ohne bleibende Schäden überstanden.

Samstag, 28. November 2015

Umgekehrt, ein Schuh


Der Wendepunkt sei erreicht, so ist zu lesen. Angela Merkel sei von Mutti zur bösen Stiefmutti mutiert, ihre Flüchtlingspolitik mache die Deutschen ängstlich, heißt es. Das erstere mag stimmen oder nicht, so was weiß man in der Regel erst hinterher. Das letztere hingegen ist Mumpitz, denn umgekehrt wird ein Schuh daraus: Merkels Erfolg beruhte immer darauf, der ängstlichen Mehrheit des Wahlvolkes eine Komfortzone gebastelt zu haben. Seit August aber mutet sie exakt diesen Leuten die eine oder andere harte Wahrheit zu, die diese nicht goutieren. Unter anderem, dass man solche Migrationsbewegungen, selbst wenn man will, nicht wirklich aufhalten, sondern bestenfalls steuern kann. Dass Asyl ein Grundrecht ist, ob's einem passt oder nicht. Und dass es nicht funktionieren wird, die Grenzen dicht zu machen weil nicht wirklich machbar und alle Versuche nur noch mehr Tote brächten.

Dienstag, 24. November 2015

Im Premiumbereich


Das Etikett premium kriegt normalerweise aufgeklebt, was, aus welchen Gründen auch immer, teurer verkauft werden soll als nötig. Verbreitet ist das im Brauereiwesen. Im Zweifel bedeutet das bloß, mehr zahlen zu müssen für edlere, von Werbefuzzis gern als 'wertig' bezeichnete Aufmachung und weniger Geschmack. Wegen Massentauglichkeit und weil die ganzen teuren Werbekampagnen schließlich bezahlt werden wollen. Außerdem hat man meist Stanniolfetzen im Mund, wenn man aus der Flasche trinkt. Wegen premium.

Samstag, 21. November 2015

Wölfi for Xavier


Systemkritik, da bin ich mir vermutlich mit dem Großteil der hiesigen Leserschaft einig, ist grundsätzlich eine feine und sinnvolle Sache, wenn man die Veranstaltung namens Demokratie halbwegs ernst nimmt. Nur kann man das – wie alles andere – gut oder schlecht machen. Als beispielsweise 2011 in London massenweise Geschäfte geplündert wurden, meinte Slavoj Žižek, wenn er ein Geheimagent des 'Systems' wäre, dann würde er genau solche Aktionen inszenieren, um Systemkritik zu diskreditieren. Womit er den Knackpunkt moderner Systemkritik schön zusammengefasst hat: Sie darf alles sein, bloß nicht plump oder vergröbernd einfach, sonst hat sie keine Chance.

Sonntag, 15. November 2015

Krieg und westliche Werte


Es heißt, die IS-Killer von Paris hätten deswegen in einem Konzert um sich geballert, weil sie Musik für ein Zeichen westlicher Dekadenz halten, das sie bei sich zu Hause streng unterbinden. Wie Schweinefleisch, Alkohol, Erotik, Humor. Ja, ich weiß, wir, der Westen, sollten uns nicht einfach hinstellen und mit dem Finger auf die unserer Meinung nach Schuldigen zeigen. Den IS und vergleichbare Veranstaltungen vor ihm haben wir, der Westen, mit unserem Verhalten erst herangezüchtet und so richtig erfolgreich gemacht, ist mir bewusst.

Das bedeutet aber nicht, dass ich mich deswegen genötigt sähe, auch nur einen Funken Verständnis aufzubringen für Menschen, die sich aus lauter Heiligkeit für berechtigt halten, anderen schöne Dinge wie Musik mittels blauer Bohnen und anderer Mordwerkzeuge abklemmen zu dürfen. Ein jeder mag meinethalben gläubisch sein nach seiner Facon, aber das ist so ein Punkt, an dem meine Bereitschaft zum Differenzieren definitiv erschöpft ist.

Donnerstag, 12. November 2015

Ronny des Monats - November 2015


Angesichts dessen, was in diesem Land inzwischen binnen weniger Tage so an Meldungen zusammenkommt, kam mir spontan die Idee, einen neuen Preis auszuloben: Den Ronny des Monats. Ich weiß noch nicht, ob diese nicht dotierte Auszeichnung zu einer regelmäßigen Einrichtung wird bzw. werden muss. Ich hoffe nicht, ich fürchte ja. Ob ich nicht der Meinung bin, damit alle anständigen Ronnys, die es zweifellos auch gibt, vor den Kopf zu stoßen und zu diffamieren? Nu ja, sagen wir so: Die BRAVO verleiht auch seit Ewigkeiten diesen 'Otto' und drängt Promis, die meist nicht recht wissen, wie ihnen geschieht, eine hässliche Nippesfigur auf. Und? Gehen die Ottos der Nation auf die Barrikaden deswegen? Also!

Samstag, 7. November 2015

Mütter, sperrt die Töchter ein!


"In der moralischen Entrüstung schwingt auch immer die Besorgnis mit, vielleicht etwas versäumt zu haben." (Jean Genet)

Es gibt Leute, die sind so freundlich, die Welt unaufgefordert wissen zu lassen, was sie im Innersten umtreibt. Jürgen Mannke, Vorsitzender des Philologenverbandes Sachsen-Anhalt, hat in der aktuellen Ausgabe der Verbandszeitschrift ein von seiner Vize Iris Seltmann-Kuke mitunterzeichnetes Editorial verbraten, das sich mit den Gefahren befasst, die entstehen, wenn "viele junge, kräftige, meist muslimische Männer" hier einwandern und sich möglicherweise ganz bald schon an hiesigen Mädels vergreifen oder sie gar, "sicher oft attraktiv", wie sie nun mal sind, in "ein oberflächliches sexuelles Abenteuer" hineinzuquatschen trachten.

Freitag, 6. November 2015

Das China-Komplott


Im Nachhinein bin ich ja ganz froh, dass es zu meinen jüngeren Jahren noch keine All-you-can-eat-Chinabuffets gab. Wäre das nämlich so gewesen, dann wäre ich mindestens einmal pro Woche da gewesen und hätte mich auf eine Weise ins Koma gefressen, dass ein Anfänger wie Obelix bei dem Anblick heulend sein drittes Wildschwein in die Ecke gefeuert hätte und ein Möchtegern wie Gérard Depardieu aus Frust in einem Zen-Kloster verschwunden wäre, um den Rest seines verpfuschten Daseins bei trockenem Reis, Wasser und Meditation zu fristen.

Mittwoch, 4. November 2015

Jaja, die Unterschicht


Mehr Koinzidenz geht kaum: Erst Burkhard Schröders schönen Artikel, dann den nicht minder schönen, von ihm zitierten Artikel Britta Steinwachsens gelesen, nachmittags dann beim Friseur warten müssen und insgesamt eine knappe Stunde vom RTL-Nachmittagstrash vollgemüllt worden. 'Mitten im Leben'. 'Familien im Brennpunkt'. 'Betrugsfälle'. Mit Laiendarstellern besetzte, holprig inszenierte, ordinäre Brüll- und Anpöbelhöllen. Such dir nen Job, du faule Sau! Ey, isch hab nen neuen klargemacht. Na warte, du Schlampe! Darum bitten, dass das abgeschaltet oder wenigstens leiser gemacht wird? Keine Chance. Ich wette, das Gerät kann nur RTL und die Fernbedienung liegt in einem mit Zeitschloss gesicherten Tresor. Nach einigen Minuten ist es mir zum Glück gelungen, Smartphone und Ohrhörern sei Dank, das, was da den berühmten Tick zu laut aus dem Lautsprecher quoll, einigermaßen auszublenden.

Montag, 2. November 2015

Durchlauferhitzte Krähwinkelei


"History does not repeat itself but it rhymes." (Mark Twain)

Es gibt in Deutschland diese Tradition, Staatswesen, demokratisches gar, nicht als gemeinsame Aufgabe aller Bürger zu begreifen, sondern als Obrigkeit, an die man die Verantwortung für die Politik weitgehend abtritt, die man mal machen, von der man sich bereitwillig regieren lässt und sich ansonsten heraushält. Das ist natürlich höchst bequem, denn wenn's mal schief läuft, dann ist man's auch nicht gewesen als Bürger, sondern "die da oben", die "eh machen, was sie wollen". So bin ich mir alles andere als sicher, ob es sich nur um eine Einzelmeinung handelte, wenn etwa meine selige Großmutter zu sagen pflegte, am zweiten Weltkrieg sei ausschließlich und allein "die Politik" schuld gewesen. Es könnte sich als größte, nachhaltig schädliche Folge der Kanzlerschaft Merkels erweisen, dieser Art von Aversion gegen die Politik mit ihrer jegliche Kontroverse erstickenden Art Politik zu machen massig Futter gegeben zu haben.

Samstag, 31. Oktober 2015

Alibikirgisen


Der Geschichtslehrer, den man mir in der Oberstufe zugeteilt hatte, war schon älter und riss sich keine zwei Beine mehr aus für seinen Job. Das wurde ihm aber von den meisten nachgesehen, weil er ein prima Kerl war. Dem konservativen Bürgertum jedoch, aus dem die Mehrheit der Schülerschaft sich rekrutierte, war er ein Dorn im Auge. Er war Ende der Sechziger als Junglehrer einer der ersten gewesen, der es gewagt hatte, ohne Krawatte zum Dienst zu erscheinen und er war wohl einmal von einem Lokalreporter auf einer Veranstaltung der DKP, deren Mitglied er nie war, fotografiert worden. Daher hatte er seinen Ruf als eisenharter Kommunist weg, als fünfte Kolonne Moskaus, der unschuldige Kinderseelen mit seinen gottlosen Lehren zu indoktrinieren trachtete. Als der Mann auch noch Schulleiter wurde, sahen sie endgültig den Untergang des christlichen Abendlandes gekommen. Gab es also damals auch schon, so ein hysterisches Gehuste und es war damals schon Blödsinn.

Dienstag, 27. Oktober 2015

Leben ist lebensgefährlich


... ob mit Wurst oder ohne

Schlechte Nachrichten für Atheisten. Dass Religiösität, Kirchen und traditionelle Frömmigkeit in unseren Breiten tendenziell an Bedeutung verlieren, heißt keineswegs, dass entsprechende Mechanismen und Denkweisen mit ausstürben. Wenn einem dort, wo das Christentum herrschte, früher etwas abgeklemmt werden sollte, das man gern tat oder mochte, dann hieß es, das sei Sünde und man käme in die Hölle, wenn man das nicht schleunigst bleiben ließe. Heute heißt es mit einiger Wahrscheinlichkeit, davon könne man Krebs kriegen.

Samstag, 24. Oktober 2015

Schade, dass er gegangen ist


Wolfgang Lieb, sicher den allermeisten der hier Lesenden und Kommentierenden als Mitherausgeber der NachDenkSeiten bekannt, verlässt diese mit sofortiger Wirkung, wie gestern bekannt gegeben wurde. Seine Erklärung dazu, die freundlicherweise noch veröffentlicht wurde, drückt sehr gut aus, wie auch meine Bauchschmerzen sich anfühlen, die mich angesichts der - freilich großen, diffusen, vielgestaltigen - linken Szene seit einiger Zeit immer öfter und immer stärker befallen. Ich wollte mich schon länger zu einigem äußern, was mir an Teilen des linken Spektrums zunehmend missfällt und auch beunruhigt. Da gärte was, allein, mir fehlte ein wenig der Anlass. Der ist jetzt da. Lieb meint unter anderem:

Dienstag, 20. Oktober 2015

Cocooning ist keine Lösung...


... und Ängste machen dumm. Einige ungeordnete Gedanken zum ersten Geburtstag von 'Pegida'

In den Achtzigern prägten Soziologen den Begriff des 'Cocooning'. Frei übersetzen könnte man das mit 'sich verpuppen/in einen Kokon zurückziehen'. Beschrieben werden soll damit das Phänomen, dass Menschen in unsicheren Zeiten dazu neigen, sich in aus Sehnsucht nach Sicherheit und Geborgenheit in eine private Komfortzone zurückzuziehen. Es mag ein wenig hinken, dem Terminus vielleicht nicht ganz gerecht werden, aber vieles um das Phänomen Pegida kommt vor wie Cocooning im großen Stil. Deutsche zuerst. Grenzen dicht. Alle ausweisen aus meinem Vorgarten. Die da oben sind böse und jeder, der was anderes behauptet, will mir was.

Montag, 5. Oktober 2015

Glückwunsch nach München


Als fairer Sportsmann muss man dem FC Bayern München gratulieren. Nach gerade acht Spieltagen ist, wenn nicht noch völlig Unvorhergesehenes passiert, die Meisterschaft quasi entschieden, das Rennen um den Titel, so es eines war, vorbei. Den Tabellenzweiten mit einer Klatsche nach Hause geschickt und wenn überraschenderweise doch einmal ein Unentschieden droht, eilt der Schiri zu Hilfe - was soll da noch passieren? Für die Bayern dürfte es im folgenden nur noch um zwei Fragen gehen: a) Mit wie viel Punkten Vorsprung werden wir dieses Mal Meister? b) Holen wir einen, zwei oder drei Titel? Die siebzehn übrigen Vereine der Liga dürfen sich mit Fragen quälen wie: a) Wer wird Zweiter? b) Wer kommt in die europäischen Wettbewerbe? Willkommen in der spannendsten und attraktivsten Liga der Welt.

Mittwoch, 30. September 2015

Ich bin kein Hippie!


Und, merken Sie schon was? Die Stimmung, meine ich, wie sie kippt. "Endlich!", scheint es da bei einigen insgeheim geradezu erleichtert mitzuschwingen. Bei jenen, denen es seit Wochen und Monaten viel zu multikulturell zugeht und die deswegen den ganzen Tag nichts anderes tun als unken und schwarzsehen. Wehe, die Überfremdung! Einwanderung in unsere Sozialsysteme! Von unserem Geld! All die jungen Männer, die bald schon unsere Frauen und Töchter schänden werden, und zwar massenhaft! Es steht schlimm um Deutschland! Gut, kann man alles so sehen, wenn man mag. Diplom-Schwarzseher und staatlich geprüfte Bedenkenträger sind immer irgendwo dabei. Eines aber kann ich ums Verrecken nicht leiden: Diese ewigen Unterstellungen.

Donnerstag, 24. September 2015

Wenn der Klassenprimus schummelt


Die Geschichten sind zahlreich und wir kennen sie alle, nicht wahr? Wenn der Gebrauchtwagenhändler etwa sagt: "Also ich hatte das Modell ja selbst ein paar Jahre lang und bin den normalerweise mit fünfeinhalb Liter gefahren.", dann bedeutet das: Unter klimatischen Idealbedingungen, mit Fahrradbereifung, den Motor ausgekuppelt und bergab bei Rückenwind. Im wirklichen Leben tut gut, wer sich auf einen Verbrauch nicht unter acht, neun Liter einstellt. Mit Fragen wie der, wie viel Kilogramm Spachtelmasse durch das Wort "unfallfrei" semantisch noch abgedeckt sind, wollen wir gar nicht erst anfangen.

Montag, 21. September 2015

Kurzer Altherrenanfall


Wer deutschsprachigen Gangsta-Rap für die Höchststrafe in Puncto ödes Provokationstheater gehalten hat, kennt Schnipo Schranke nicht.

Um der Ehrlichkeit genüge zu tun: Ich bin nur deswegen beim Flanieren im Feuilleton darüber gestolpert, weil es in der Dachzeile durchaus korrekterweise hieß, Pisse sei ja kein besonders schlimmes Wort. Aufmerksamkeit erregt, job done, Schreiberling. Guter Mann! Man hat den Eindruck, als solle das Hamburger Frauenduo Schnipo Schranke, das sich einst an der Frankfurter Musikhochschule kennengelernt hat, als neue Hoffnung des deutschen Jungefrauen-Pop hochgeschrieben werden. Imagemäßig als eine Art böse Schwestern des enorm erfolgreichen Duos Boy. Und, wo wir schon mal beim Lesen sind, was kriegt man denn so geboten auf Schnipos Debutalbum 'Satt'? Jurek Skrobala von SPON hat die beiden interviewt.

Donnerstag, 17. September 2015

Nicht alles, was hinkt


Es ist eine Sache, den medialen Umgang westlicher Medien und Politik mit dem russischen Präsidenten Putin bzw. dessen Politik äußerst kritisch zu begleiten. Wer aber als Konsequenz daraus meint, uns Europäern täte allen etwas weniger Obama und mehr Putin gut, der hat in meinen Augen, bei aller ebenfalls berechtigten Kritik an Barack Obamas Amtsführung, nicht mehr alle Nadeln an der Tanne und offenbart damit unter Umständen mehr Sehnsucht nach Obrigkeit und einem starken Mann als ihm lieb ist.

Dienstag, 15. September 2015

The Jeremy Days


Die Wahl Jeremy Corbyns als demographisches Phänomen

Glaubt man den hysterischen Reaktionen der Journaille im In- und Ausland, dann handelt es sich bei dem mit knapp 60 Prozent zum neuen Chef der britischen Labour Party gewählten "Außenseiter" (ZEIT) Jeremy Corbyn um eine Art Mao von Islington. Ist natürlich Quatsch, trotzdem herzig, wie etablierte Journalisten gemeinsam mit New Labour-Profiteuren und 'sozialdemokratischen' Funktionären, da plötzlich das Ende aller Zivilisation heraufbeschwören. Und das nur, weil da die Basis einer sozialdemokratischen Partei sich symbolisch dazu entschieden hat, künftig lieber sozialdemokratische Inhalte statt Oberschichtinteressen zu vertreten, wie's ein Kommentator im 'Standard' schwer übertrefflich formulierte.

Donnerstag, 10. September 2015

Leave Eddie alone!


1977 brachten die Damals-noch-nicht-Rock-Dinosaurier von Uriah Heep das Album 'Innocent Victim' heraus. Das arg gewollte Cover kann man für damalige Verhältnisse als durchaus ein wenig gruselig bezeichnen. Im Jahr darauf befand die Band sich auf großer Tournee, die wohl auch in die Nähe meiner Heimatstadt führte. Neben der Grundschule, die ich damals zu besuchen die Pflicht hatte, war zu dieser Zeit eine größere Baustelle, die mit einem hölzernen Bauzaun abgesperrt war. Jede Menge Platz für Plakate also. Und er wurde genutzt. So auch für das Plakat für Uriah Heeps 'Innocent Victim'-Tournee. Das Teil zeigte im wesentlichen das Cover des Albums und wurde flächendeckend verklebt.

Samstag, 5. September 2015

Zahn, Zeit und der Rest


Seien wir ehrlich: Älter zu werden ist ab einem gewissen Punkt scheiße. Ja, sicher, man gewinnt an Lebenserfahrung, wird abgeklärter, hat vielleicht nicht mehr dauernd das Gefühl, sich oder anderen was auch immer beweisen zu müssen, wenn man so drauf ist. Aber irgendwann fangen einfach die Nachteile an zu überwiegen. Andauernd zwickt es irgendwo, aber das ignoriert man nicht mehr so einfach, seitdem Gevatter Hein angefangen hat, seine knochige Hand auch nach der eigenen Altersklasse auszustrecken. Hoppala, kommt dieser ziehende Schmerz da im Schulterbereich jetzt von der etwas zu ambitionierten Runde schwimmen oder kündigt sich da etwa ein Infarkt an? Sollte man das nicht mal abklären lassen? Puh, schon drei Flaschen Wasser heute! Liegt das nur an den 35 Grad im Schatten, oder dräut da Diabetes?

Dienstag, 18. August 2015

Bedrohte Arten


Heute: Das Kompliment


Wir wollen fair sein. Es mag sein, dass es nicht der Feminismus allein ist, der die Geschlechterbeziehungen in den Augen vieler so kompliziert gemacht hat. Nur ist, wenn es zwischen den Geschlechtern kompliziert wird, meist eine Feministin nicht weit. Ferner ist es ein Irrtum, wenn auch ein verbreiteter, dass Feminismus sich gegen Männer richte. Das stimmt insofern nicht, als dass Feminismus sich im Zweifel gegen alles richtet, was nicht auf dessen Linie liegt. Also durchaus auch gegen Frauen, das vielleicht gar in höherem Maße. Wer das nicht glaubt, sehe sich an, mit welchem Absolutheitsanspruch auf Deutungshoheit Alice Schwarzer gegen Amnesty International auskeilte - eine Organisation mithin, die bislang nicht eben als Zuhälter- und Mädchenhändlerring auffällig geworden ist.